„Mensch, deine Kamera macht aber tolle Bilder!“
Diesen oder einen ähnlichen Satz hat wohl schon jeder ambitionierte Fotograf und Besitzer einer Spiegelreflexkamera gehört, nachdem er (gelungene) Urlaubsfotos im Familien- oder Freundeskreis präsentiert hat. Aber wie wichtig ist das Equipment wirklich? Wieviel Anteil am fertigen Bild hat der Fotograf, und wieviel die Technik? Und vor allem: wie groß sind die Unterschiede zwischen einer kleinen, leichten, kompakten Systemkamera für etwas über 500 € und einem fünfmal so teuren Vollformat-Bolliden? Dieser Frage möchte ich in diesem Blogbeitrag auf den Grund gehen.
Als ich vor etwas über drei Jahren von APS-C auf Vollformat umgestiegen bin, war ich an einem Punkt, dass ich mein Equipment ausgereizt hatte. Meine Canon 550D mit 18 Megapixel-Sensor und das 15-85er Objektiv waren zwar gut, ich war aber an die technischen Grenzen gestossen. Das Bildrauschen störte mich ab ISO 1600, mit der Bildschärfe war ich ebenfalls nicht mehr zufrieden und ich brauchte für Extremsituationen in der Landschaftsfotografie auch einfach mehr Dynamikumfang. Mit der Nikon D750* habe ich einen hervorragenden Nachfolger für die Canon angeschafft, der alles besser macht. Aber besser hat halt auch seinen Preis: abgesehen davon, dass der Body ein Mehrfaches kostet, sind Vollformat-Objektive systembedingt deutlich größer, schwerer und teurer, was gerade im Reisegepäck hinderlich oder auf längeren Wanderungen lästig werden kann.
Im letzten Sommer legte ich mir daher die Sony A6000* als Zweitkamera zu. Klein, gut und vergleichsweise günstig – ich war begeistert. Meinen ersten Test könnt ihr hier nachlesen. Doch wie schlägt sich so eine Kamera wirklich gegen eine große, professionelle DSLR?
Vergangenes Wochenende bin ich daher kurz vor Sonnenuntergang zum Innenhafen in Duisburg gefahren und habe drei Kameras gegeneinander antreten lassen: im Gepäck die Sony A6000*, die Nikon D750* und als APS-C Modell in der (Preis)-Mitte die Nikon D7100*.
Die eingesetzten Objektive waren zunächst nicht besonders fancy: an der Sony das (oft gescholtene) Kit-Objektiv mit 16-50mm, an der Nikon D7100* das Reisezoom von Nikon mit 18-200mm* und an der D750 das 24-120mm f4 von Nikon. Es war mir wichtig, normale Objektive zu nutzen, die man aufgrund der Flexibilität vermutlich auch im Urlaub mit dabei haben wird. Auch hier ganz klar vorab gesagt: die Sony wiegt mit dem Kitobjektiv keine 500g und passt in die Jackentasche. Die Nikons (1350 bzw. 1500g) spielen von Größe & Gewicht her in einer anderen Liga.
Vorab ein paar Vergleichsfotos – enstanden bei soviel Weitwinkel, wie das Objektiv hergab, und bei Blende f8 (mit der man in den meisten Fällen in der Landschaftsfotografie arbeitet). Die Bilder sind minimal nachbearbeitet (leichte Höhen- & Tiefenanpassungen) sowie etwas nachgeschärft und auf 2560px Breite skaliert.
Ich habe bewusst nicht dazugeschrieben, welches Bild aus welcher Kamera kommt. Denn das muss doch offensichtlich sein… oder? 😉
Nein? Okay, dann machen wir doch an dieser Stelle ein wenig Pixel-Peeping und schauen uns das Ganze etwas genauer an. Dafür habe ich 100% Ausschnitte erstellt. Die Aufnahmen im ersten Bild entstanden bei Offenblende (f3.5 bzw. f4), im zweiten bei Blende f8.
Was bei Offenblende direkt ins Auge springt, sind die Ränder. Während die Schärfe sich in der Bildmitte meiner Meinung nach nicht viel gibt, sind die Ränder vor allem beim Sony 16-50mm doch deutlich unschärfer im direkten Vergleich zu den beiden Nikon-Objektiven. Tja, irgendwo müssen ja die Unterschiede sein. Bei Blende f8 sind diese allerdings kaum noch auffällig.
So eine ähnliche Licht- und Motivsituation ist typisch, wenn man mit der Kamera im Urlaub unterwegs ist – ganz gleich ob auf einem Städtetrip oder in der Natur. Es ist einfach ein Test unter ganz normalen Bedingungen.
Hier noch eine weitere Testreihe. Na, erkennt ihr jetzt die Unterschiede? 😉
BILDRAUSCHEN
Wie ich eingangs beschrieben habe, war einer der Gründe, von meiner Canon 550D auf die Nikon D750* zu wechseln, das deutlich geringere ISO-Rauschen bei Vollformat. Doch wie stark macht sich Bildrauschen überhaupt bemerkbar? Die Fotos der folgenden Testreihe sind alle bei ISO 100 entstanden – normal, wenn man bei gutem Licht oder vom Stativ aus fotografiert. Um die Unterschiede deutlich zu machen, habe ich bei mit Lightroom jeweils den Tiefen-Regler auf +100 geschoben, auch um die vorhandenen Details aus den dunklen Bereichen herauszuarbeiten.
Hier sieht man durchaus die Unterschiede zwischen Vollformat und APS-C. Während sich das Rauschverhalten der Nikon D7100* und der Sony A6000* auf einem ähnlichen Niveau befindet, so ist das Ergebnis mit der Nikon D750* doch deutlich rauschärmer – allerdings auch erst wieder bei 100%-Ansicht. Reduziert auf eine normale Ansichts-Größe, wird der Unterschied kaum bis gar nicht auffallen. Doch auch hier der Hinweis: das ist ein normaler, durchschnittlicher Reise-Anwendungsfall. Bringt man die Kameras in extremere Situationen (z.B. Milchstrassen-Fotografie), sind die Unterschiede viel gravierender. Dazu empfehle ich nochmal meinen ersten Vergleichstest zwischen Nikon D750 und Sony A6000.
SPEZIALFALL SONNENSTERNE
Ein Bereich, wo die Ausrüstung eine entscheidende Rolle spielt, sind Sonnensterne. Während Kamerahersteller und Sensor in diesem Fall eher unwichtig sind, kommt es vor allem auf Konstuktion und Vergütung des Objektivs an. Das Tamron 15-30 VC f2.8* zum Beispiel produziert tolle Sonnensterne, die des Samyang 12mm f2.0* sind allerdings alles andere als schön. Einen direkten Vergleich seht ihr hier:
FAZIT
Wie heisst es so schön: die beste Kamera ist die, die man dabei hat. Denn wer die Kamera im Hotel liegen lässt, weil es zu lästig ist, sie für den Stadtbummel oder die Wanderung einzupacken, der sollte sich wirklich überlegen, ob der Zwei-Kilo-Vollformat-Klopper nötig ist – oder ob es auch etwas Leichteres tut. Natürlich, die Unterschiede sind erkennbar – aber beim heutigen Stand der Technik eben nicht so dramatisch, wie man annehmen mag. Und wer die Fotos eh nur auf Facebook, Instagram oder dem heimischen Full-HD-Fernseher zeigt, der wird die Unterschiede vermutlich kaum erkennen können. Also: geht raus, macht Fotos und bringt euer Equipment an seine Grenzen. Erst dann solltet ihr über den Kauf einer neuen Ausrüstung nachdenken. 😉
Nikon D750* mit Tamron 15-30 VC f2.8*
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